Dienstag, 10. April 2012

Stammzellenspende - Ein Erfahrungsbericht

Wer das liest und wie ich zum Lebensretter werden möchte, kann mich gern kontaktieren.

Ich war seit ca. 1,5 Jahren bei der DKMS registriert, als ich per Post gefragt wurde, ob ich noch immer als Stammzellenspender zur Verfügung stehen würde. Hintergrund war, dass ich als potentiell passender Spender für einen an Leukämie erkrankten Patienten in Frage kommen würde. Dafür war vorab eine Blutuntersuchung nötig. Davon berichtete ich bereits in einem anderen Artikel. Nachdem diese Untersuchung abgeschlossen war und ich nun in der engsten Auswahl stand, ging es zur Untersuchung in meine Stammzellenklinik. Ich wählte mit Köln aus, da ich bis dahin noch nie in dieser Stadt war.

Ich reiste am Vorabend an, verbrachte die Nacht in einem Hotel unweit der Klinik und war am Morgen des 06.12.2011 startklar. Die Untersuchungen liefen alle reibungslos ab. Am längste, vielleicht eine halbe Stunde lang, dauerte das Ausfüllen des Fragebogens. Die vierzehn Röhrchen Blut waren bereits nach drei Minuten gefüllt (Gruss in mein HMO Zentrum in Zürich), das EKG zeigte normale Werte und auch die Ultraschalluntersuchung meines Körpers zeigte nichts Auffälliges. Danach wurde mir ein Spritzplan erstellt und mir demonstriert, wie ich die Spritzen zu benutzen habe; später mehr dazu. So war ich nach zwei Stunden inkl. Verpflegung fertig und ich durfte gehen.

Meine Spende wurde auf Montag, 19.12.2011 8.30 Uhr angesetzt. Der Stammzellenaufbau begann am 15.12.2011. Jeweils morgens und abends musste ich mir eine Spritze in den Bauch jagen. Morgens musste ich zwei Ampullen aufziehen, abends eine. Es war ein komisches Gefühl, sich zum ersten Mal selbst eine Spritze in den Bauch zu jagen aber es war für einen guten Zweck. Als Ratschlag kann ich folgendes mitgeben: Schnell reinstechen statt langsam, langsam spritzen statt schnell. So ist es am angenehmsten. Die Nebenwirkungen spürte ich bereits gut eine Stunde später. Mir wurde warm und ich dachte, ich hätte Fieber. Ich hatte 11 Uhr noch einen Kundentermin. Bis dahin namen die Nebenwirkungen spürbar zu zudem hatte ich ordentliche Kopfschmerzen. Ich zog den Termin irgendwie durch doch das war nur die Spitze des Eisbergs und es war erst Donnerstag. Samstagabend rief ich auf der Notfallnummer meiner Klinik an und schilderte, dass ich nicht sitzen, nicht stehen und auch nicht liegen kann, weil ich sehr starke Schmerzen in meinem Becken habe und glaube, dass es jeden Moment auseinanderbricht. Zudem hatte ich stechende Schmerzen im Rücken und pulsierende Schmerzen im Brustkorb. Diese Kopfschmerzen erwähnte ich nur am Rande. Die bekommenen Schmerztabletten linderten die Beschwerden nur minimal. Die Schwester am Telefon sagte mir, dass dies ein sehr gutes Zeichen sei, sie sagte mir, dass der Stammzellenaufbau bei mir wohl sehr gut funktioniere und munterte mich auf, es nicht so schwer zu nehmen, weil die Spende ja bald sei. Aber was tun, wenn man weder stehen noch sitzen oder liegen kann? Fahrrad fahren habe ich probiert aber ich war so schnell aus der Puste, dass sich das nicht lohnte. Spazierengehen ging halbwegs und so spazierte ich fast die ganze Nacht lang durch Zürich Altstetten.

Am Sonntag, d. 18.12.2011 sollte es um 13.30 mit dem Flieger nach Düsseldorf gehen. Mit einer Stunde Verspätung durften wir einsteigen. Nach einer weiteren Stunde stehen und enteisen, startete mein Flugzeug. Ich wusste, dass ich an diesem Tag sehr viel trinken musste aber ich fing damit erst nach dem Flug an. Auf der Zugfahrt von Düsseldorf nach Köln machte mich der Zugbegleiter noch doof an, weil ich keinen Fahrschein gekauft habe und im Zug kaufen musste. Dass Der Automat keine Hundert Euro Scheine nimmt und ebensowenig meine Schweizer Kreditkarte, konnte er scheinbar nicht verstehen. Widerwillig verkaufte er mir dann doch den Fahrschein für 10,00 Euro. In Köln verpflegte ich mich dann bis in die Nacht hinein ordentlich und immer im Gedanken an die sechs Liter Flüssigkeit.

Dann war mein grosser Tag gekommen. Ich konnte zum Frühstück nicht wirklich viel essen und trank nur minimal, da mir bewusst war, dass ich nachher vier Stunden an den Nadeln liegen werde. Ich ging eine halbe Stunde früher in die Klinik, wies mich aus und nahm im Wartezimmer platz. Zehn Minuten später wurde ich von einer Schwester abgeholt und in den Herstellungsbereich (kein Witz!) geführt. Ich durfte mir eines der drei Betten aussuchen. Leider durfte ich nicht auf den Einzelplatz. Dieser war Frauen vorbehalten, da es bei Frauen häufig zu Komplikationen kommt. Ich wählte das Bett von dem aus ich den besten Überblick hatte, legte meine Sachen ab, wies mich erneut aus und dann war kam auch direkt mein grosser Auftritt.

In meine linke Armbeuge wurde eine Nadel gestochen, wie ich sie von der Blutspende kenne. In einem Schlauch wurde mein Blut in die Maschine zur Stammzellgewinnung geleitet. Direkt nach dem legen des so genannten Zuflusses, sagte ich Herrn Dr. Punzel, Leider der Klinik, dass ich die Nadel in meinem anderen Arm gern im Unterarm hätte. Dies war kein Problem. Herr Doktor rasierte die Stelle meines Arms sichtlich ungeschickt aber auf ein bischen Blut mehr oder wenig kam es auch nicht mehr an. Dafür platzierte er den flexiblen Rückfluss sehr gut in meinem Arm. Das Schläuchlein steckte ca. vier Zentimeter tief in meinem Arm. Es wurden einige Röhrchen gefüllt und direkt ins Labor gegeben, um eine Prognose über Dauer und Anzahl der Spenden zu treffen. Derweil durchlief die Maschine bereits das Startprogramm im Automatikmodus. Nachdem dieser zu Ende war, wurde die Konfiguration angepasst. Die Flüssigkeit, die durch weitere Schläuche in einen Beutel, der etwa einen Meter neben meinem Kopf hing, gesammelt wurde, war das fertige Produkt. Die Flüssigkeit sollte bestenfalls lachsfarben sein. Bei mir war sie bereits zu diesem Zeitpunkt relativ lachsfarben. Nun wurde ein weiterer Spender hineingeführt und soweit fertig gemacht. Es wurde immer mal bei mir kontrolliert. Dann kam ein dritter Spender und abschliessend eine Frau, bei welcher es im späteren Verlauf tatsächlich Komplikationen gab, die mir allerdings unbekannt sind. Nebenbei liess ich mir die Anzeigen des Gerätes genauestens Erklären. Am interessantesten war die Anzeige des Zuflussdrucks. Wenn auf meiner Vene, in der die Nadel steckte, zu wenig Druck war, gab es Alarm und die Schwester rückte die Nadel zurecht oder forderte mich auf, mehr zu pumpen. Diesen Umstand machte ich mir zu nutze: Ich pumpte immer, bis die Anzeige auf Stufe vier von maximal fünf im grünen Bereich war. Dann entspannte ich meinen Arm solange, bis die Anzeige im gelben Bereich auf Stufe eins von zwei war. Dann begann ich wieder ein wenig zu pumpen. Irgendwann wurde die DVD Avatar gezeigt. Ich liess mir zwar einen Kopfhörer geben aber liess den Ton ganz leise stellen sodass ich hören konnte, was das Klinikpersonal sprach.

Irgendwann musste ich leider auf die Toilette. Da mir das Personal nicht sagen konnte, wie lange die Spende noch dauern würde, beschloss ich, mich abstöpseln zu lassen. Natürlich verblieben Schlauch und Nadel in meinem Arm. Meinen Nadelarm bekamm ich in eine Art Schiene gelegt, damit ich nicht versehentlich die Nadel durch die Vene steche. So musste ich mit ausgestrecktem linken Arm aufs WC, was in einem schmalen Gang gar nicht so eng ist. Nach dem Anstöpseln wurde mir mitgeteilt, dass ich voraussichtlich nach nur 15 Minuten schon fertig sei... Na so lange hätte ich es wohl noch aushalten können. Am Ende wurde noch ein Beutel mit Blutplasma gefüllt. Das sieht aus wie Urin und hing auch etwa einen Meter neben meinem Kopf. Am längsten dauerte nun das komplette Abstöpseln, was weitestgehend aus abnadeln, abschlauchen und zupflastern bestand. Natürlich durften die Schwester dabei all meine neugierigen Fragen beantworten. Ich wurde ins Wartezimmer entlassen wo ich essen und trinken durfte. Etwa zwanzig Minuten später ging ich ins Hotel zurück.

Ich fühlte mich zunächst nicht schlechter als nach einer Blutspende doch zwei Stunden später war ich doch ein bisschen geschafft. Ich legte mich zwei, drei Stunden hin. Am Abend traf ich noch eine Freundin und zwei Cocktails, welche mir angenehme Träume brachten. Am Abend des Dienstags, d. 20.12.011 ging mein Flieger zurück nach Zürich. Die Nebenwirkungen klangen am Tag darauf komplett ab. Die Nachuntersuchung vier Wochen später verlief unauffällig.

Ein paar Wochen später durfte ich erfahren, dass mein Patient ein 61 jähriger Mann aus Irland war und dass man ihm meine Zellen bereits verabreicht hat. Am 28.03.2012 bekam ich einen Brief von der DKMS, in dem mir mitgeteilt wurde, dass meine Zellen bei meinem Patienten gut angewachsen sind, dass er sich auf dem Weg der Besserung befindet und bereits die stationäre Behandlung verlassen konnte.

Wer das liest und wie ich zum Lebensretter werden möchte, kann mich gern kontaktieren.

Keine Kommentare: